und da…

P1000783… wollten Sie bestimmt wissen, wie die Sache weitergegangen ist. Wollten Sie gestern schon, habbich an Ihrer Klickerei gesehn. Kommt ja auch, die Fortsetzung,  das ist ja Ihre Geschichte für den ersten Advent.  Nur:  so wie das gestern wirklich weiterging – das wollen Sie nicht wissen.  Sie wollen einen hübschen, einigermaßen fröhlichen Schluss – da haben Sie, wenn im Leben schon nix richtig rund läuft, doch wenigstens in der Literatur ein Recht drauf, (ich im übrigen auch!). Weswegen ich mir den aber erst noch ausdenken musste. So ist das nämlich bei Schriftstellers daheim: überall liegen angefangene Geschichten herum, die zu einem guten Ende gebracht werden wollen. Und werden sie auch. Die von gestern zum Beispiel morgen, weil … Gestern hing nicht mehr. Ich war zu durchgefroren,  hatte mich zum auftauen nochmal ins Bett gelegt und bin darüber eingeschlafen… Außerdem, wenn ich Ihnen das gestern schon weiter erzählt hätte – die Geschichte, die hätten Sie mir nicht geglaubt. Nicht vor dem ersten Advent. Nee, hätten Sie gesagt, Mimi, das erzähl mal dem Weihnachtsmann…

Und genau das – das hab ich dann auch getan…

Hier hat es übrigens bis spät in die Nacht geschneit, heute morgen sind die Schneeschieber unterwegs. (Haben Sie eine Ahnung, wieso der Schneebläser noch nicht erfunden ist? Alles, alles wird weggeblasen – nur der Schnee wird immer noch geschoben)…Und bei Ihnen? Auch so frisch? Hier ist jetzt blauweisse Stunde und gleich geht es los, das Leben am lekker befüllten Futterhaus. Denn ich hab gestern noch alles alles bekommen, bei Max Bahr. Vom Knödel über Ringe bis hin zum 3,5 kg  Eimer Meisen-Mischkörner-Menue. Und zwar nachdem ich ….

Mitten im schönsten Schneetreiben

engel4… da hab ich dann gemerkt, wie sauer ich war. Das war nicht mein Atem, der da in der Kälte Wölkchen spie – das war eine Drachenwut, die da schnaubte.

Dieser Scheiss-Corsar! Dieses mickrige, moderne Ärgernis! Dieses Miststück moderner Autobaukunst. Pah! Dieser kleine Drecksack! (Mein innerer Drache spie und je mehr er spie, desto mehr Wölkchen beschlugen meine Brille) diese Mistkarre! …

Nicht dass ich ihm wirklich etwas vorzuwerfen gehabt hätte, schließlich hatte er mich zum allerallerersten Male stehn lassen (es konnte aber durchaus sein, dass ich die anderen Male einfach vergessen hatte, ja es war sogar wahrscheinlich, dass ich sie vergessen hatte, für „einmal“ würde ich mich ja kaum so aufregen!) also nicht nur, dass diese RappelKiste nie ansprang, wenn man dringend mal Meisenknödel brauchte , nein – sie war überhaupt, von Anfang an, ein einziges Ärgernis gewesen… Stellen Sie sich vor, sie kaufen sich ein neues, gebrauchtes Auto, daß genau so sein soll, wie ihr altes gebrauchtes Auto – und dann ist es das auch! Alles, was an dem Alten kaputt war und nervte, nervt an dem Neuen auch. Die Sitze kann man nicht zurückklappen, weil die Züge gerissen sind, ständig hat man irgendwelche Knöppe in der Hand, es rostet an den gleichen Stellen, es quietschen die gleichen Scharniere. Selbst der Aschenbecher ist genau so voll. Und das, worin sich der Alte vom Neuen nun wirklich unterscheiden sollte, das, wofür ich am Ende 2950 Euro zu zahlen bereit gewesen war: die Klimaanlage, der Inbegriff meines bis datigen automobilen Luxuslebens ( zur Zentralverriegelung habe ich es bis heute nicht gebracht) – die war nach dem ersten Sommertag kaputt ( ich hatte den Schwatten im Herbst gekauft, weswegen der Umstand monatelang nicht bemerkt wurde)Kaputt! Das muss man sich mal vorstellen! Und ist es bis heute. Kann nix, außer viel Wind. Und dann auch nur, wenn man auf 4 stellt. Stellt man den Knopp auf 4 – dann hält man ihn in der Hand. Und hat immer Sturmgebruss…. Eine neue Klimaanlage kostet mehr, als ich gemeinhin für ein ganzes Auto zu zahlen bereit bin…

Dafür bläst im Winter aber eine mich völlig versteifende Brise eiskalten Nordwindes durch die Fahrgastkabine… (Man sollte nicht an jeden Knopf packen, sag ich doch!)  Junge, Junge, da beschlägts Ihnen die Scheiben – da glauben Sie, Sie stehn im Packeis…

Wie kam ich jetzt überhaupt da drauf? Und wo wollte ich hin?

Zu Max – Bahr. Genau. Ich also, schnaubend und schimpfend, mit Trekkingstiefeln und doppelter Wärmedämmung durch den Winterwald stapfend, immer in Richtung Tarpe, Brille beschlagen, in Binden gebickelt, geriet zunehmend in ganz und gar unweihnachtliche Laune.  Keine Spur von innerem Frieden, nicht einmal den Hauch von Seligkeit, kein Spaß am Schnee, da hilft auch kein Ommm-Ommm. Überhaupt:  Scheiß-Schnee.

Und wie ich da so stapfe und schimpfe (und ich war mittlerweile kurz davor, mich auch noch mit dem Automobil-Gott anzulegen) da….

Meisenknödel. Batteriebetrieben.

Kein Advent.
Kein Advent.

Ja. Es schneit immer noch. Und nein: der kleine Schwatte is nich angesprungen. Batterie, klar, was sonst – alles andere hatte ich ja erledigt. Pah! Soller doch stehn wo er bleibt. Der hält mich doch nich auf!

Ich also dann rein, die schweren Trekkingstiefel anne Fööt, die, wo ich zwar die Füße kaum noch hochkrieg, kein Wunder bei dem Gewicht, andrerseits aber auch nicht frier. Vorher noch die überlangen Kniestrümpfe über die überlangen Wollstrumpfhosen, bis unter die Achseln gezogen,  dann den doppelten Schal umgeschwungen wie Miss Marple und ab – zu Max Bahr gestiefelt.

Max Bahr heißt der örtliche Baumarkt und Baumärkte sind (neben Büchereien) mein persönlichen Paradiese. Spaß, Spiel und Spannung, Abenteuer am laufenden Klavierband. Es gibt da alles und alles, was es nicht gibt, kann man aus dem, was da ist, zusammenzimmern. Baumärkte riechen gut, Baumärkte sind voller sympathischer Menschen, die allesamt guten Willens sind, auch aus Trümmern noch eine neue Welt zu zaubern bereit, man kann hingehen, ohne sich die Wimpern zu tuschen und abgesplitterte Nagellacke sind keine Schande sondern Ausweis spontaner, zupackender Tatkraft. Und es gibt die unglaublichsten Maschinen und Maschinchen, Sägen, behämmerte Damenhammer und allerlei Zeugs, mit dem ich noch nix anzufangen weiß, mir aber schon noch was einfallen lassen werde. Für jede Stimmungslage gibt es ein Reparaturkit, und wenn einmal gar nichts mehr geht, dann bleibt einem immer noch die Heißklebepistole… Ich liebe Baumärkte und besonders liebe ich Max Bahr sein Baumarkt bei mir umme Ecke… Der plötzliche Wintereinbruch war also ein guter Anlass mal wieder hinzugehen – ich war vorgestern zum letzten Mal da und so gesehen eh quasi auf Entzug. Fehlende Meisenknödel waren ein unglaublich guter Anlass. Sonst hätte ich noch Engelshaar an der Glaswolle herbeiziehen müssen. Mir ist jedenfalls noch immer ein Grund eingefallen, mich auf den Weg in diesen HolzHammerhimmel zu machen…

Wie auch immer: Die Umstände waren ebenso günstig wie dringlich. Neben dem Eichhorn Herrn Puschel, den sie ja jetzt schon kennen, war heute früh auch die Krähe, Frau Akkupatz da. Und besah sich krähchzend das leere Futterhaus – eine berechtigte Mahnung, die ich unverzüglich zum Anlass nahm, nach Startschwierigkeiten, durch den Winterwald zu stapfen, immer Kurs auf den Baumarkt

Und wie ich da wolkenschnaubend und mit beschlagener Brille im selbstgehauchten Nebel stand, da …

Schneeflöckchen…

Rhein-Herne-Kanal Frühjahr 2010
Rhein-Herne-Kanal Frühjahr 2010

Brrrr. Es ist schietekalt und ob Sie`s glauben oder nicht: es schneit. Früher, als die tausend Feuer der Hochöfen meinen Kinderhimmel noch rot färbten, da hieß es, die Engel im Himmel backen Plätzchen… So gesehen sind die Hanseengel dann gerade dabei, die Norderde mit Puderzucker zu überstreuen, wie die Waffeln sonntags bei Pflanzen Körner…

Das ist einigermaßen tragisch, weil ich nicht die geringste Ahnung habe, wo meine Thermounterwäsche ist und die Handschuhe ohne Fingerkuppen sind auch weg… Jetzt sitze ich hier mit Wollstrumpfhosen und Strickpullover, was natürlich nicht ausreicht, und wer weiß, wie lange ich überhaupt noch tippen kann. Die Finger sind ja jetzt schon steif…Donnerlüttchen! Sapperlot… Brrrr….. Ich hätte mich selbst winterfest machen sollen, das Auto ist frieren ja gewohnt … Winterreifen? Klar hab ich die drauf. Um ehrlich zu sein:  die waren gar nicht runter…

Leise rieselt der Schnee…. Und rieselt und rieselt.

So wie die Flocken liegen, werden die Eier in der Kirsche vorm Haus wohl hängenbleiben müssen – ohne Polarkleidung ist da nix zu machen… Und wenn ich die dann gefunden habe, und der Schnee einsfünfzich hoch liegt, dann komm ich auch ohne Leiter und Zwick-Zwack-Hoch-Schere wieder an die Äste dran…Und dann… dann kann ich ja Schnee um die Eier bappen, bis die alle kugelrund sind.  Oder ich modeliere Eiszapfen draus.  Ich binde die Dinger irgendwie in das gesamte Weihnachtsensemble mit ein und baue einen hübschen Schneemann drunter.  Winterliche Szene mit Ei(s)…

Und dann, wenn ich dann völlig fertig bin, mit dem ganzen Eischnee, am ersten Advent, dann gibt es Grog von Rum.

Weil ich auf Eierpunsch dann bestimmt keine Lust mehr hab…

Fahren Sie vorsichtig…

Nicht ausgehalten…

engelIch habe es gemacht. Hab die Kisten mit den Wichteln vom Dachboden geholt und die Trolle aus der Speisekammer gelassen. Sie glauben nicht, wie das hier aussieht! Was war das ein Hallo! Die singenden Schneemänner und der klingelnde Weihnachtsmann, die Schlittschuhläufer, Spieluhren und Schneekugeln  – alle wieder da.  Bis auf Maria und Josef, die machen sich demnächst erst auf den beschwerlichen Weg und die Heiligen Könige beobachten aus der Dachkammer heraus noch vergeblich den Sternenhimmel…

Wie auch immer: Die Stube ist jetzt geschmückt. Ich konnte das einfach nicht mehr abwarten – das ist sooooo kalt draussen, da brauch ich doch einfach eine heimelige Stube, nicht wahr? Ich hab wirklich allerlei versucht um mich vor völlig verfrühter Dekoration abzuhalten. Davor stand ja auch das Putzen.  Davor renne ich immer weg, ein Garant mich aufzuhalten. Aber nix – das ging mir heute ganz flott von den Fingern und ich wußte sogar, wie rum man den Aufnehmer richtig auswringt:  erst rechts, dann links rum. Und umgekehrt. Dann hab ich mich für dieses Nichts belohnt und all die hübschen glitzernden Sachen ins Fenster gehängt… Das ist sososo sauschön jetzt ! (Die rosa Weihnachtsschweine liegen alle auf dem roten Sofa) Aber: leiderleiderleider völlig unbeleuchtet… Seufz. Denn das geht ja nicht, dass ich die Lichter einschalte vor dem Adventssonntag Nein, nein, das kommt nicht in Frage.  Es gibt ja Grenzen, die einem auch die beste Nachbarin nicht zu überwinden hilft. Denn auch Heike kennt Grenzen. Zwar sind die Fenster schon dekoriert – aber die Weihnachtstanne im Garten wird noch nicht beleuchtet.  Die Lichterketten hängen schon und ich habe den  sekundenlangen Probelauf gesehen – aber noch bleibt abends alles dunkel. Ich werde mich gedulden müssen – und wenn ich schon einmal dabei bin, dann kann ich ja auch selbst noch ein bißchen Verzicht leisten und mich auf ein Teelicht beschränken. Wenn ich ansonsten schon schwach geworden bin.  Zu meiner Entschuldigung und zum Beweis, daß ich im Übrigen standhaft blieb, möchte ich aber anführen, daß ich bisher weder Spekulatius noch Dominosteine angerührt habe.  Nicht einen!

Morgen werde ich mich um die Eingangstür kümmern, Schleifen in die Buxbäume binden und endlich die Ostereier aus der Kirsche nehmen. Die waren wir davongewachsen, was ja erstmal gar nichts machte. Aber jetzt, wo die Blätter weg sind… Ich möcht sie gern gegen Kugeln tauschen, aber mit der neuen meterlangen Faden&Rolle&Hebel&Zwick-Astschere kann man war die Eierfäden durchzwacken – aber nichts hinaufbefördern…Seufz.

Und wie ich heute morgen so das Fenster schmücke, da kommt draussen Herr Puschel, der Eichhorn vorbei. Hat mal kontrolliert, ob ich seinen Wunschzettel vielleicht schon gelesen und das Futterhaus gefüllt habe…

Ich hab ihn auf später vertröstet. Später – ist jetzt. Er soll sein Abendbrot bekommen, noch vor dem Advent.  Der Boden ist gefroren – da wird er seine selbstgesammelten Nüsslein nicht ausgraben können…Und für mich gibts …Tee.

Runterbremsen. Einschwingen.

nikopaulIch nehme so langsam Kurs auf den Advent. Natürlich in ich wieder ganz ungeduldig und möchte alles dekorieren, Kerzen, Äpfel, Nüsse, Türkranz, rote Schleifen…. Frieden auf Erden und von morgens is abends Halleluja – aber ich halte mich noch zurück. Wahrscheinlich. Vielleicht schaff ich es ja wieder. Das Abwarten bis zum 1.ten Advent….Bisher klappte das immer ganz prima, weil…also… ich kann das ehrlichgesagt deshalb so gut durchhalten, weil die Heike das nicht durchhalten kann. Heike ist meine Nachbarin und die hat schon geschmückt. Seit Montag.  Und weil ich ja gegenüber wohne und weil mein Schreibtisch ja auch am Fenster steht, da genieße ich natürlich jetzt die Aussicht. Wenn das nicht so wäre: da müsste ich glatt selber ran.  Dann könnte ich`s nämlich in gar keinem Falle mehr aushalten… Dafür profitiert Heike dann davon, daß ich, ob aus Trägheit oder wegen Maria Lichtmeß, das lassen wir mal dahingestellt sein, keine Lichterkette vor Februar abnehme… So haben wir hier 5 Wochen Advents- und 5 Wochen Weihnachtsbeleuchtung – das macht 10 Wochen überwundenes Dunkel und heimelige Stimmung – und ehe man sich versieht, ist der Rest vom Herbst, der Winter dann auch schon fast rum …

Kann man sich auf Weihnachten freuen? Nach allem, was geschah?Bei allem, was tagtäglich geschieht? Kann man sich überhaupt auf Weihnachten freuen – angesichts des Todes ?

Ja.  Man kann. Man sollte sich ihr nicht verschließen, denn in der Weihnacht liegt aller Trost, den ein gütiger Gott zu schenken vermag.  Sie ist sein Versprechen. Und alle, die wir lieben, die vorausgingen, die die Räume gewechselt haben,  sind in ihr mit uns.  Ihnen ist Gewissheit geworden, was wir nur hoffnungsvoll erahnen: wir sind nicht für immer getrennt. Und die  Liebe ist stärker als aller Tod…

Ich werde Weihnachten feiern, wie in jedem Jahr.  So, als wären sie alle da.  Ich werde Hühnersuppe kochen, nach Omas Rezept. Und die Götterspeise dreifarbig in Sektgläsern schichten – so wie Tante Frieda es gern mochte.  Es wird Rotkohl geben – und ich werde an meinen Vater denken, der zum Leidwesen aller, beim Bauern günstige Großabnahmen tätigte. Ein Kombi voll Rotkohl war auch darunter gewesen. Bei mir gibts ihn seit damals nur noch zur Weihnacht. Für das Knusperhaus fehlen mir leider die Baupläne von Opa Jansen – geblieben ist aber der alljährliche Vorsatz, es vielleicht einmal freihändig zu wagen. .. Übler als der Schukartong auf der Küppersmühle kanns gar nicht werden und etwaige Statikprobleme lassen sich heutzutage ja mit Sekundenkleber sicher leicht lösen…

Erinnerungen sind Paradiesgärten. Weihnachten stehen die Türen zu ihnen weit weit offen…